Selbstachtung

Auf der Suche nach dem größten Lehrer in uns

In unserer hektischen Welt suchen wir oft nach Führung und Weisheit außerhalb von uns selbst – in Büchern, bei Lehrer*innen, in Philosophien.

Doch die Praxis des Yoga lehrt uns, dass der wahrhaftigste und mächtigste Lehrer tief in uns selbst verborgen liegt. Dieser Lehrer spricht die Sprache des Körpers, des Geistes und der Seele.

Doch wie genau können wir beginnen, diese innere Stimme zu hören und zu verstehen? Und wie unterscheiden wir die Weisheiten dieses Lehrers von den lauten Stimmen externer Autoritäten?

„Du bist dein eigener bester Lehrer und dein schlimmster Feind.“

-Upanishaden

Die Stimme des Herzens verstehen

Im Yoga ist der Prozess des Hineinhörens eng verbunden mit dem Konzept von „Svadhyaya“, oder Selbststudium.

Diese Praxis ermutigt uns, nicht nur Asanas zu üben, sondern auch unser inneres Selbst zu erforschen. Indem wir lernen, unsere intuitiven Gefühle zu beachten – die oft als „Bauchgefühl“ bezeichnet werden –, können wir beginnen, die subtilen Hinweise unseres größten Lehrers zu verstehen.

➡️ Die Herausforderung dabei ist, diese innere Stimme von den Echos der Erwartungen anderer zu unterscheiden.

Der Schatten und das Licht

Psychologisch gesehen begegnen wir auf der inneren Reise oft dem, was Carl Jung als unseren „Schatten“ bezeichnete – den Teilen unserer selbst, die wir aus verschiedenen Gründen verdrängt oder ignoriert haben.

Die Auseinandersetzung mit unserem Schatten kann schmerzhaft sein, bietet jedoch unglaubliche Chancen für Wachstum und Selbstakzeptanz.

➡️ Yoga bietet einen sicheren Raum, um diese Teile zu erkunden und zu integrieren, was zu einer vollständigeren Selbstkenntnis führt.

➡️ Die Reise zur Entdeckung des größten Lehrers in uns ist eine fortlaufende, sich entfaltende Reise, die Mut, Neugier und Engagement erfordert. Indem wir Yoga praktizieren, schaffen wir Raum für diese innere Stimme, gehört zu werden.

Wir lernen, uns selbst nicht nur als Schüler*in, sondern auch als Lehrer*in zu sehen, und entdecken dabei, dass die tiefsten Lektionen oft aus unserem eigenen Leben stammen.

Ich habe niemals den Mut verloren, denn ich habe verstanden, dass Niederlage und Enttäuschung lediglich die Werkzeuge sind, die das Leben benutzt, um uns den Weg zu lehren.
— Nelson Mandela

Umgang mit Herausforderungen im Lehralltag

Oftmals wird angenommen, dass Yoga ausschließlich eine Praxis des Friedens und der völligen Harmonie ist.

Dieses Bild kann jedoch irreführend sein, denn Yoga-Lehrende sehen sich mit den gleichen Herausforderungen des Lebens konfrontiert wie jede*r andere auch.

Die Realität des Yoga-Unterrichts kann von alltäglichen bis hin zu außergewöhnlichen Problemen reichen, die sowohl die Lehrkräfte als auch ihre Schüler*innen betreffen.

➡️ Doch wie gehen Yoga-Lehrende mit diesen Herausforderungen um, und was wird diesbezüglich in der Yogaausbildung vermittelt?

Die Realitäten der Yogalehre

Yoga-Lehrer*innen sind nicht nur Instruktor*innen, sondern oft auch Zuhörer*innen und manchmal sogar Konfliktmediator*innen.

Sie müssen nicht nur Asana Praxis anleiten, sondern auch auf die emotionalen und physischen Bedürfnisse ihrer Schüler*innen eingehen. Dazu gehören nicht nur physische Limitationen, sondern auch emotionale Belastungen, die in den Unterricht hineingetragen werden.

Das ideale Bild von ständiger Ruhe und Gelassenheit wird schnell herausgefordert, wenn reale, oft komplexe menschliche Emotionen und Konflikte ins Spiel kommen.

Selbstliebe und Grenzen

Selbstliebe ist ein wesentlicher Aspekt des Yogas, der oft übersehen wird. Es geht darum, sich selbst genauso zu respektieren und zu schätzen wie andere.

Grenzen zu setzen, ist eine Form der Selbstliebe.

Das bedeutet, dass klar kommuniziert wird, welches Verhalten akzeptabel ist und was nicht.

Eine gesunde Grenze kann beispielsweise sein, einem/r Schüler*in zu sagen, dass bestimmte Kommentare oder Verhaltensweisen nicht toleriert werden.

➡️ Dies schützt nicht nur die eigene Integrität, sondern lehrt auch die Lernenden, Verantwortung für ihre Worte und Taten zu übernehmen.

Konstruktives Feedback und Yoga

Es ist wichtig, zwischen unangemessener Kritik und konstruktivem Feedback zu unterscheiden.

Konstruktives Feedback ist essenziell für das Lernen und Wachsen auf dem Yogaweg. Es sollte jedoch immer respektvoll und aufbauend sein.

➡️ Yoga-Lehrende können lernen, wie sie Feedback geben und empfangen, indem sie klare, freundliche und direkte Kommunikation üben. Dies fördert eine Atmosphäre der Offenheit und des gegenseitigen Respekts.

Menschen vergessen, was du gesagt hast, Menschen vergessen, was du getan hast, aber Menschen vergessen nie, wie sie sich durch dich gefühlt haben.
— Maya Angelou
 

Umgang mit unangemessener oder verletzender Kritik

Eine der größten Herausforderungen kann unangemessene oder verletzende Kritik seitens der Schüler*innen sein. Hier sind ein paar Ideen, wie Yoga-Lehrende reagieren können:

  • Aktives Zuhören: Zuerst ist es wichtig, dem/r Schülerin aufmerksam zuzuhören. Oft steckt hinter der Kritik ein unerfülltes Bedürfnis oder eine persönliche Unsicherheit.

  • Klärung suchen: Manchmal kann es hilfreich sein, nach konkreten Beispielen zu fragen, um die Kritik besser zu verstehen. Dies sollte in einer ruhigen und nicht-konfrontativen Weise geschehen.

  • Persönliche Grenzen setzen: Es ist essenziell, dass Lehrende klare persönliche Grenzen setzen. Wenn Kritik respektlos oder verletzend wird, ist es angebracht, dies deutlich zu machen und ein respektvolles Verhalten zu fordern.

  • Einsatz von Achtsamkeitsübungen: Yoga bietet wertvolle Techniken, um mit Stress und emotionaler Belastung umzugehen. Atemübungen oder eine kurze Meditationspause können helfen, die eigene Mitte wiederzufinden und die Situation aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

  • Supervision und kollegialer Austausch: Es kann sehr hilfreich sein, regelmäßig Supervisionen zu besuchen oder sich mit Kolleg*innen auszutauschen. Dies bietet die Möglichkeit, von den Erfahrungen anderer zu lernen und eigene Reaktionen zu reflektieren.

Integration von psychologischen Grundlagen und zwischenmenschlicher Kommunikation

Eine erweiterte Ausbildung, die psychologische Grundlagen und Techniken der zwischenmenschlichen Kommunikation umfasst, kann Yoga-Lehrende wesentlich besser darauf vorbereiten, mit den emotionalen und sozialen Herausforderungen umzugehen, die im Unterrichtsalltag auftreten können.

Durch das Verständnis psychologischer Prinzipien können Lehrende besser erkennen, was ihre Schüler*innen durchmachen, und angemessen darauf reagieren.

Ethik und Empathie als Grundpfeiler der Yogapraxis

Die ethischen Prinzipien des Yoga, insbesondere die Yamas und Niyamas, bieten eine wertvolle Grundlage für den Umgang mit zwischenmenschlichen Beziehungen.

Durch das Einbeziehen dieser ethischen Überlegungen in die Lehrpraxis können Yoga-Lehrende eine Kultur der Empathie, des Respekts und der Fürsorglichkeit fördern. Dies schafft eine unterstützende Umgebung, die es den Schüler*innen erlaubt, sich sicher und angenommen zu fühlen, was wiederum ihre persönliche und spirituelle Entwicklung fördert.

Stärkung der Resilienz und Selbstfürsorge

Es ist auch wichtig, dass Yoga-Lehrende lernen, ihre eigene Resilienz zu stärken und Techniken der Selbstfürsorge zu praktizieren. Dies hilft ihnen, mit den Belastungen und Herausforderungen des Lehrberufs umzugehen, ohne dabei auszubrennen oder ihre eigene Gesundheit zu vernachlässigen. Selbstfürsorge in der Yogapraxis kann Meditation, tiefes Atmen, persönliche Reflexion und auch physische Selbstpflege umfassen.

Kontinuierliche Weiterbildung und Supervision

Zudem ist kontinuierliche Weiterbildung und Supervision essenziell, um die Qualität der Lehre zu sichern und den Lehrenden neue Perspektiven und Techniken an die Hand zu geben.

Regelmäßige Workshops, Fortbildungen und Austausch mit anderen Lehrenden können dazu beitragen, dass Yoga-Lehrende frisch, motiviert und auf dem neuesten Stand der besten Lehrpraktiken bleiben.


Mitgefühl zu praktizieren beginnt damit, uns selbst freundlich anzunehmen, so wie wir sind.”
— Pema Chödrön

Die Herausforderungen, die Yoga-Lehrende erleben, sind real und oft komplex.

In der modernen Yogapraxis ist es unerlässlich, dass Lehrende nicht nur in den Techniken des Yoga geschult werden, sondern auch in den Fähigkeiten, die sie benötigen, um als Mentorinnen, Unterstützerinnen und manchmal sogar als Konfliktmediatorinnen in ihren Klassen zu wirken.

Indem Yogaausbildungen einen umfassenderen Bildungsansatz annehmen, der sowohl die philosophischen als auch die praktischen Aspekte des Yoga umfasst, können sie besser darauf vorbereiten, den Herausforderungen des Lebens in einer Weise zu begegnen, die sowohl den Lehrenden als auch ihren Schülerinnen gerecht wird.

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